22.6.2014

Gamsmutterturm Nordkante (Deye/Peters)

Torre Della Madre dei Camosci - Spigolo Nord (Deye/Peters)

7+ (5+ A0), 650m

alpiner "Extrem"-Klassiker, sehr guter Fels, Stände gebohrt, evtl. anspruchsvoller Abstieg

rot-Deye/Peters, blau-Zustieg über Angelina (2 Sl 5-)
rot-Deye/Peters, blau-Zustieg über Angelina (2 Sl 5-)

Die Deye/Peters-Route am Gamsmutterturm wurde vor einiger Zeit an den Ständen eingebohrt und erfreut sich seitdem wieder großer Beliebtheit. Sie stellt wohl eine der leichteren Touren aus dem W. Pause-Buch "Im Extremen Fels" dar, hat sie doch lediglich eine einzige Stelle, die den 5. Grad übersteigt. Als Ausgangspunkt dient das Refugium Pellarini, von dem man den Einstieg in die Route in einer halben Stunde erreicht. Die neuen Pächter sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit und zudem sehr ortskundig.

Liegt auf dem Einstiegsband noch Schnee empfehlen sich die beiden Zustiegsseillängen zweier unten am Sockel beginnender Sportkletterrouten (Angelina, ~ 5- UIAA, Bohrhaken schlecht sichtbar, alle 7-8 Meter, oder South Park, 5-6 UIAA).

Die Deye/Peters beginnt an einer schwarzen, fast immer etwas feuchten Wand und leitet über einen Riss in das lange Verschneidungssytem, das den unteren Teil der gesamten Route dominiert. Abgesehen von der Schlüsselstelle im oberen Bereich, kann diese Einstiegsseillänge als die anspruchsvollste angesehen werden. Aber auch diese kurze ansteigende Querung unter den Überhängen löst sich an einem Zweifinger-Loch sehr gut auf. Insgesamt ist diese Stelle quantitativ sehr gut abgesichert, der eine oder andere Schlaghaken bewegt sich allerdings schon. Die nächsten beiden Seillängen  bieten schöne, wenn auch noch anspruchsvolle Kaminkletterei bei spärlicher Absicherung, mobil kann allerdings gut gesichert werden. Danach lehnt sich die Wand etwas zurück und die große Kamin/Riss-Verschneidung wird allmählich rinnenartiger und man weicht für 60 Meter auf die rechte Wandhälfte aus. Im oberen Bereich sollte man nicht die Ausquerung aus der Rinne vor dem Kaminende verpassen, entlang von schönen Schuppenrissen hangelt man sich zur rechten Begrenzungskante hinüber.  Nach drei weiteren, leichten Seillängen (3, eine Stelle 5) erreicht man den Beginn der Schlüsselseillänge, die an den ersten 5 Metern etwas überhängt und frei geklettert etwa im Grad 7+ angesiedelt ist. Durch die vielen Normalhaken ist diese Stelle aber technisch geklettert kein Problem, danach sollte man bei zwei Normalhaken Stand machen, da sich sonst nach der nächsten Seillänge viel Seilreibung ergibt. In dieser anschließenden Seillänge sind immer noch Stellen im 5. Grad zu bewältigen, teilweise steil, aber an vielen Normalhaken gesichert. Nach weiteren 40 Metern im unteren 4.Grad kann man das Seil aufnehmen und nun leicht rechts entlang der sich zurücklehnenden Nordkante im 2er Gelände bis zu einem Band vor dem letzten Gipfelaufschwung (oder natürlich bis ganz zum Gipfel) aufsteigen.

Dieser Abschnitt gestaltet sich überraschend langwierig, das Gestein ist hier nicht mehr so fest. Davor besteht angeblich auch eine Möglichkeit auf dem darunter gelegenen Götterband nach links die gesamte Wand zu queren, bei Schneefeldern scheint dies allerdings nicht ratsam, generell macht das Götterband einen sehr kühnen Eindruck. Am oberen Band hingegen quert man auch etwas abschüssig und schottrig nach links zu einem kleinen Turm, der sich am östlichen Ende des Gipfelaufbaus des Gamsmutterturms befindet und um ihn herum.

Man trifft sogleich auf den versicherten Anita Goitan-Weg, den man bis zur Kaltwasserscharte verfolgt. Der neue versicherte Weg steigt noch nach Osten etwas ab und führt ebenfalls in eine sehr schmale Scharte über die man in das Kaltwassertal (über eine weitere Scharte erreicht man wieder die Pellarini Hütte) absteigen kann. Bis in den Juli hinein können sich noch sehr viele Schneefelder auf dem beschriebenen Abstiegsweg befinden, die die Mitnahme von Steigeisen und Pickel erfordern. Insgesamt ist der Abstieg anspruchsvoll und langwierig, alternativ kann auch über die Nordschlucht des Gamsmutterturms abgestiegen werden, diese ist aber sicherlich noch anspruchsvoller.

Die Deye/Peters ist absolut empfehlenswert, guter Fels, schöne Kletterei, tolles Ambiente. Die gesamte Tour sollte zeitlich allerdings nicht unterschätzt werden und  das Vorhandensein von Schneefeldern bis in den Sommer bedacht werden.